Oberkirchenrat Jörg am Rhein - Ein Hauptamtlicher im Interview
Wie kann man sich Ihre Tätigkeit als Oberkirchenrat vorstellen?
In Sachsen ist der Oberkirchenrat ein beamtenrechtlicher Titel mit der Aufgabe der Leitung des Regionalkirchenamtes (RKA). Als Kollegialbehörde teilt sich der Leiter des RKA diese Aufgabe bezogen auf den jeweiligen Kirchenbezirk mit dem jeweiligen Superintendenten des Kirchenbezirks. Eigentlich ist die Frage also, was die Aufgabe des Regionalkirchenamtes ist: Dieses berät die ihm zugeordneten Kirchgemeinden und Rechtsträger in Rechts-, Bau-, Finanz- und Verwaltungsangelegenheiten. Außerdem führt das RKA die unmittelbare Rechtsaufsicht über die Kirchgemeinden und deren Einrichtungen. In Sachsen gibt es zwei Regionalkirchenämter.
Unsere Kirche ist immer zweiteilig aufgebaut - egal auf welcher Ebene. Es gibt die Hauptamtlichen und die Ehrenamtlichen, quasi Laien, wobei das Verhältnis in den Kirchenvorständen mindestens paritätisch sein muss. Durch diese Struktur ist ein enormes Spektrum an Wissen von den Hauptamtlichen notwendig. Und hier unterstützt das Regionalkirchenamt – berät, gibt
qualifizierte Zuarbeiten in die Gemeinden, erstellt beispielsweise den Haushaltsplan, schafft eine Ermöglichungsstruktur. Die Laien sagen, was gebraucht wird, und wir geben den Rahmen dafür vor. Wir zeigen vor Ort Gesicht, holen die Gemeinden ab und stehen ihnen zur Seite.
Was beinhaltet Ihre Arbeit konkret für den Wiederaufbau
der Stadtkirche Großröhrsdorf?
Der Kirchenvorstand als Laiengremium und das Pfarramt können nicht allein agieren, es braucht die professionelle Zusammenarbeit mit uns dafür. Die Kraft des Amtes als Unterstützer und Aufsicht. In diesem speziellen Fall kümmert sich unsere Baupflegerin vom Regionalkirchenamt um die baufachliche Beratung. Außerdem übernehmen wir die Verhandlung und Koordinierung mit der Versicherung, kümmern uns also um die Finanzierung des Baues der neuen Stadtkirche Großröhrsdorf. Wir versuchen die Komplexität der Situation zu strukturieren und zu reduzieren und geben den Verantwortlichen vor Ort damit auch Sicherheit.
Können Sie uns einen Überblick über das ehrenamtliche Engagement rund um die Beräumung und den geplanten Wiederaufbau der Stadtkirche geben? In welchen Arbeitsbereichen tragen die Ehrenämtler besonders Verantwortung und wo leisten sie in welchem Umfang welche Arbeit? Wie schätzen Sie die Bedeutung dieser Aufgaben ein?
Die Gremienarbeit ist hier zu nennen: Der Kirchenvorstand, der Bauausschuss, der Krisenstab, der Masseneibund. Die Befragung hier vor Ort durch das Perspektivteam, die vielen Aktionen für Spenden, Pfarrer i.R. Littig mit der Sichtung und Katalogisierung der Artefakte und noch viele mehr.
Es ist zu 95% Sache der Ehrenamtlichen, was es wird und wie es wird. Es ist, wie schon gesagt, dem Aufbau der Landeskirche geschuldet, dass so viel Ehrenamt notwendig ist. Aber natürlich ist Kirche mit und für den Menschen und nicht zum Selbstzweck da. Es geht nur mit Menschen vor Ort, die anpacken. Speziell hier leisten der Kirchenvorstand und sein Vorsitzender eine großartige Arbeit. So eine besondere Situation wie hier in Großröhrsdorf bedarf dieses außergewöhnlichen Engagements. Unter anderen Umständen wären das hochbezahlte Leute. Man kann das gar nicht hoch genug bewerten. Es sind gewissermaßen versteckte Subventionen und sie finden sich überall in der Kirche. Kein Friedhof könnte unterhalten werden und kein Gottesdienst stattfinden ohne Ehrenämtler. Es gibt keine monetäre Kennzahl, die ausdrücken könnte, wie viel das Ehrenamt macht.
Was motiviert Ihrer Meinung nach die Menschen zu diesem Einsatz?
Die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, zur Gemeinschaft der Christen.
An welchen Stellen wird in Zukunft der ehrenamtliche Einsatz unerlässlich sein? Wird sich das Verhältnis Hauptamtliche/Ehrenamtliche verändern?
Das hängt ab von der Entwicklung der Kirche und den damit verbundenen Finanzen. Umso weniger Kirchenmitglieder, umso weniger können wir uns Hauptamtliche leisten. Es wird noch mehr von Laien übernommen werden müssen. Zunehmend werden beispielsweise Lesegottesdienste in Eigenregie stattfinden, also ohne Pfarrer. Hauptakteure wie Kirchenvorstände oder Fördervereine werden meiner Einschätzung nach, zunehmend anleiten, koordinieren und durchführen.
Fazit
Das Ehrenamt trägt das Herzstück unserer Kirchgemeinde - Glauben und Gemeinschaft. Ohne die engagierten Menschen, die freiwillig und aus eigenem Antrieb handeln, wäre vieles nicht möglich. Die Interviews mit einem Ehrenamtlichen und einem Hauptamtlichen zeigen deutlich, wie wichtig diese Zusammenarbeit ist und welche Herausforderungen und Erfüllungen sie mit sich bringt. Es liegt an uns allen, dieses wertvolle Engagement wertzuschätzen, zu unterstützen, zu fördern und auf vielen Schultern zu verteilen.
Wir bauen zusammen wieder auf! Sie können die Arbeit der Kirchgemeinde gern weiterhin mit Spenden unterstützen.