Newsletter Ausgabe 7
Rückblick auf die vergangenen 10 Monate
Der schreckliche Brand unserer Großröhrsdorfer Stadtkirche am 4. August 2023 hat innerhalb weniger Stunden ein wichtiges Wahrzeichen unserer Heimat und ein zentrales Zentrum des Glaubens im Rödertal zerstört. Über Nacht wurden wir als Kirchgemeinde und Stadtbevölkerung mit dem tragischen Verlust unserer Jahrhunderte alten Kirche konfrontiert und mussten gemeinsam überlegen, wie es weitergehen soll.
Schnell stand der Entschluss fest, dass wir uns der Jahrhundertaufgabe stellen und wieder eine Kirche auf dem Kirchberg errichten wollen. Noch bis zum 01.09.2024 besteht dazu die Möglichkeit, uns über die Online-Umfrage Ideen, Anregungen und Wünsche für diese neue Kirche zukommen zu lassen.
Bevor diese Planungen einmal Wirklichkeit werden können, musste in den vergangenen Monaten die Brandruine gesichert, begutachtet und beräumt werden. Alle Arbeiten geschahen dabei in enger Absprache der beteiligten Fachfirmen mit der Kirchgemeinde und unter Mitwirkung von Landeskirche und Denkmalpflege.
Ende August war die erste Aufgabe nach dem Kirchenbrand die Begutachtung und Sicherung des Turmstumpfes durch Industriekletterer von zwei großen Kränen aus. Da die Ruine vorerst nicht betreten werden durfte, erfolgte zunächst die schrittweise Beräumung der Außenflächen und die Schaffung von großräumigen Lagerflächen für den Brandschutt und die Brandfunde.
Im September kamen wieder die beiden großen Kräne zum Einsatz, von denen aus die Uhrenbögen und das Gesims des Turmstumpfes gesichert wurde. Auch erfolgte die Bergung der vier Glocken, die allerdings allesamt gesprungen waren und somit nie mehr erklingen werden.
Im Oktober wurde der Turmstumpf bis zur Glockenstube beräumt und es wurden große Fangschutznetze angebracht, die den Turm grün ummanteln. Zudem konnten die Räumarbeiten im Außenbereich südlich der Kirche abgeschlossen werden.
Im November erfolgte die Freigabe der Brandruine durch die Kriminalpolizei. Damit konnte endlich ein Plan für die Bergung der Kunst- und Kulturgegenstände sowie zur Beräumung des Kirchenschiffes erstellt werden. Dabei wurden zunächst die Reste der Orgelempore und die unzähligen Brandbalken beräumt.
Im Dezember begannen die Arbeiten zur Sicherung der Mauerwerkskronen. Dazu wurden zunächst wieder Schutznetze angebracht und die Fensterbögen mit einer Holzkonstruktion gesichert. Der Brandschutt aus dem Altarbereich wurde von Hand beräumt und in Eimern hinausgetragen, wo er in sogenannte Bigpacks verbracht wurde. Die Arbeitsgruppe für Kulturgutsicherung begleitete diese Arbeiten umfangreich und suchte in der nassen Asche akribisch nach Überresten und Fragmenten von beispielsweise Gemälden, Skulpturen, Kerzenleuchtern und Abendmahlsgeräten. Es musste festgestellt werden, dass der größte Teil des ehemaligen Kunstgutbestandes der Stadtkirche durch das verheerende Großfeuer vollkommen und unwiederbringlich vernichtet wurde. Von den Holzkunstwerken wie dem spätgotischen Kruzifixus, der Mondsichelmadonna oder den Apostelfiguren aus dem 15. Jahrhundert war nicht einmal die Asche mehr vorhanden. Die überlebensgroßen Gemälde der beiden Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon von 1614 sowie das Bildnis von Pfarrer Löffler, der vor fast 300 Jahren den Kirchneubau organisierte, wurden durch das Feuer vollständig zerstört. Der Alter, die Kanzel und die Orgel sind ebenso wie das gesamte Kirchengestühl und die Emporen für immer vernichtet. Einzig von der steinernen Gedenktafel (Epitaph) und den Grabanlagen im Altarbereich waren noch Fragmente erkennbar. Ferner konnten von fast allen versilberten oder vergoldeten Sakralgeräten kleinere und größere Überbleibsel geborgen und zugeordnet werden. Nach erster fachlicher Sichtung ist davon allerdings wohl kein einziges Kunstgutstück restaurierbar. Sie wurden dennoch katalogisiert und gesichert.
Im Januar war etwa ein Viertel des Kirchenschiffs beräumt und mittlerweile mehr als 100 Bigpacks mit Schutt befüllt. Nachdem die durch den Brand geschädigten Bäume an der Kirche gefällt waren, wurde Baufreiheit für den Gerüstbau geschaffen. Das lang ersehnte Notdach konnte endlich montiert und somit das Kirchenschiff vor den Witterungseinflüssen geschützt werden.
Im Februar konnte der vorerst letzte Brandschutt aus der Brandruine geräumt werden. Insgesamt waren es am Ende mehr als 1.000 Tonnen Schutt und Asche, die in ungefähr 700 Bigpacks außerhalb der Kirche zwischengelagert wurden. Zur Vorbereitung der weiteren Arbeiten und Sicherung des aktuellen Gebäudezustandes erfolgte eine umfangreiche digitale Vermessung der Brandruine. Und zur statischen Bewertung der verbliebenen Bausubstanz wurden Bohrungen in den Außenwänden des Kirchenschiffs und am Turm durchgeführt.
Im März erfolgten weitere Sicherungsarbeiten im Innen- und Außenbereich, so wurde u.a. der Epitaph im Altarbereich mit Baunetzen geschützt. Zur Prüfung der Mauern und der Bögen im Turmbereich kam im Kirchenschiff mit viel Aufwand eine Hubbühne mit Raupenfahrwerk zum Einsatz, um die Lasten besser auf den instabilen Fußboden zu verteilen. Dieser wurde durch die herabstürzenden Trümmer und das Lösch- sowie Regenwasser erheblich geschädigt. Die Großmann-Loge und die Sakristei wurden begonnen nach und nach zurückzubauen, da diese durch den Brand zu sehr beschädigt wurden. Vor der Kirche wurde der alte Glockenstuhl zerlegt und wie die restlichen Brandbalken fachgerecht entsorgt.
Im April wurde der komplette Brandschutt – über 30 LKW-Ladungen mit mehreren Hundert Tonnen – endlich abtransportiert und auf einer Deponie entsorgt. Dem voraus gingen längere Abstimmungen mit den beteiligten Behörden und das Warten auf die Auswertung der Laborergebnisse vom Brandschutt. Damit war ein großer und wichtiger Meilenstein geschafft. Als nächstes ging es an die Bergung und Dokumentation der gesamten Sandsteinplatten vom Fußboden im Kirchenschiff. Dieser wurde durch Hohlräume unter den Platten, in die Lösch- und Regenwasser Schutt eingespült hat, uneben und instabil. Sie werden nun vermutlich längere Zeit gelagert werden, so dass ein schützender Unterstand begonnen wurde zu errichten. In der Brauthalle dagegen wurde der Fußboden mit Mineralgemisch aufgefüllt, damit dort zunächst ein stabiles Turmgerüst aufgebaut werden konnte. Ebenso bekamen die Treppenhäuser ein Fassadengerüst und die Mauerkronen wurde gesichert. Zudem begann im Keller unter der Großmann-Loge der Ausbau der alten Heizung. Teile davon sollen für die Heizungsanlage in der Bretniger Kirche als Ersatzteile dienen und dort eingebaut werden.
Im Mai setzte sich der Bau eines sicheren und witterungsgeschützten Lagers fort, in das die etwa 400 Sandsteinplatten aus dem Kirchenschiff nach und nach verbracht werden. Bereits etwa ein Viertel der Platten konnte geborgen, nummeriert und in ihrer Lage dokumentiert werden. Zudem wurde der Bau der Notdächer über den Treppenhäusern und dem Turmstumpf weiter vorbereitet.
Anfang Juni konnten die ersten Dachelemente auf den Turm und die beiden Treppenhäuser gehoben werden, damit dieser auch von oben vor Verwitterung geschützt ist. Weiterhin läuft immer noch die Prüfung der Standfestigkeit des verbliebenen Mauerwerks der Außenwände und des Turms. Diese wird voraussichtlich Ende Juni abgeschlossen sein, so dass man dann entscheiden kann, ob und ggf. in welcher Form diese in den Wiederaufbau einer neuen Stadtkirche einbezogen werden können.
(Text: Sandy Schneider und Josua Littig, Fotos: Tom Stenker, Johannes Hartmann und Wilma Wagner)
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