Seit Mitte November ist die Brandruine Stadtkirche Großröhrsdorf von der Kriminalpolizei für Sicherungs- und Bergungsarbeiten frei gegeben worden. Parallel zu den Sicherungsarbeiten durch die Firma 'belfor' versucht das Team „Kunstgutsicherung“ unter Leitung von Pfarrer i. R. Norbert Littig den Sachstand zum Verlust des kirchlichen Kunstgutes zu ermitteln.
Zum Team gehören außerdem vier Restauratoren, die bei der Kirchensanierung intensiv mitgewirkt haben und deren Sachkompetenz sehr nützlich ist. Betreut wird die Arbeit des Teams durch den Leiter des Kunstdienstes der Landeskirche Dr. Frank Schmidt.
Zunächst einmal muss festgestellt werden, dass der größte Teil des ehemaligen Kunstgutbestandes der Stadtkirche vollkommen und unwiederbringlich durch das verheerende Großfeuer vernichtet wurde. Von dem spätgotischen Kruzifixus, der Mondsichelmadonna und den Apostelfiguren aus dem 15. Jahrhundert ist nicht einmal die Asche mehr vorhanden. Das gilt auch für die Gemälde der beiden Reformatoren Luther und Melanchthon von 1614, sowie das Bildnis von Pfarrer Löffler, der einst den Kirchneubau organisierte. Alter, Kanzel und Orgel müssen leider ebenso unter Totalverlust verbucht werden. Verbrannt ist das gesamte Kirchengestühl einschließlich der beiden Emporen.
Fragmentarisch noch erkennbar sind Teile des Epitaphs der Mäzenin Sophia Nicolai geb. Troppaneger im Altarbereich, ein barocker Grabstein, sowie eine Schrifttafel in der Brauthalle. Die vier Klangstahlglocken von 1919 wurden von der Firma belfor schon eher aus dem Turmstumpf geborgen; alle vier Glocken sind gesprungen und können nie mehr zum Einsatz kommen. Ebenso wurde die 100 Jahre alte Kirchturmuhr der Firma Zachariae irreparabel zerstört.
Das Kunstgutteam sichtete den völlig durchnässten Brandschutt aus dem Altarbereich und konnte von fast allen versilberten oder vergoldeten Sakralgeräten kleinere und größere Fragmente bergen und zuordnen. Von den Zinnkelchen etc. gibt es nur noch geschmolzene Zinnreste, die in der Brandasche verlaufen sind. Nach erster fachlicher Sichtung ist wohl kein einziges sakrales Kunstgutstück restaurierbar.
Gibt es gar kein Zeichen der Hoffnung? Vor etwa 180 Jahren hat der Mädchenschullehrer und Ortschronist Friedrich Ehregott Praßer eine Sonnenuhr gebaut und sie an der Südseite der Großröhrsdorfer Kirche angebracht. Als man die Stadtkirche 1979 mit einem neuen Außenputz versah, wurde die leicht verrostete Uhr abgerissen und achtlos auf einen Abfallhaufen geworfen. Dank der Aufmerksamkeit eines Großröhrsdorfers wurde sie geborgen und durch den Kunstmaler Werner Juzza restauriert und neu an der Kirche angebracht. Sie hat den Brand schadlos überstanden. Allerdings wurde sie vor einer Woche im Zuge der Sicherungsmaßnahmen demontiert und wartet darauf, dass sie an der neu errichteten Kirche wieder ihren Platz finden kann.
(Norbert Littig)