Newsletter Ausgabe 3
von Kirche trifft Zukunft berichtet über die Arbeit des Perspektivteams sowie den Ideenaustausch der ersten zwei Gemeindeabende.
Das Perspektivteam
Nach dem verheerenden Brand vom 4. August 2023, dem unsere Großröhrsdorfer Stadtkirche – eine der größten und schönsten Barockkirchen der Oberlausitz – zum Opfer fiel, bildete die Kirchgemeinde Großröhrsdorf-Kleinröhrsdorf zahlreiche Arbeitsgruppen / Teams, um die nun folgenden Aufgaben und Herausforderungen bewältigen zu können.
In der vergangenen Ausgabe von „Kirche trifft Zukunft“ stellten wir das Team Bau mit den bisherigen Aufräumarbeiten und Baumaßnahmen rund um die Brandruine vor. Vielleicht haben Sie bereits gesehen, dass nun auch das angekündigte Notdach zum Schutz des verbliebenen Kirchenschiffs von Gerüstbauern aus der Region montiert wurde.
Doch es finden auch Diskussionen, Arbeiten und Überlegungen statt, die nicht so deutlich für alle sichtbar sind. Mit der Grundsatzentscheidung des Kirchenvorstandes vom August 2023 stand fest: Es wird eine neue Kirche auf dem Kirchberg geben. Doch wie kann der Weg dahin aussehen? Und welche sinnvollen Möglichkeiten gibt es? Mit diesen Fragen beschäftigt sich seitdem das Perspektivteam, an dessen bisheriger Arbeit wir Sie heute gerne teilhaben lassen wollen.
Mit dem Motto „Wir bauen zusammen wieder auf!“ brachte das Perspektivteam schon im Herbst 2023 Hoffnung und Zuversicht in die traumatisierte Kirchgemeinde. Seitdem begleitet uns dieser Slogan im Gemeindealltag. Zentral ist, dass der Weg zur Errichtung einer Kirche gemeinsam mit der Kirchgemeinde und der Stadtbevölkerung gegangen werden soll, gemeinsam mit den Menschen in und um Großröhrsdorf.
Erster Gemeindeabend: Unser gemeinsamer Weg
Am 20. Januar 2024 lud das Perspektivteam zum ersten Gemeindeabend in das Kirchgemeindehaus Großröhrsdorf ein. Dieser Einladung zum gemeinsamen Austausch folgten zahlreiche interessierte Gemeindemitglieder, die einen sehr gut vorbereiteten, hoch interessanten und vielleicht auch überraschenden Abend erleben durften.
Gleich zu Beginn wurde deutlich, welcher gewaltigen Herausforderung wir gegenüberstehen und welche große Bedeutung diese Aufgabe auch für viele Menschen außerhalb der Kirchgemeinde hat. Das wichtigste Gebäude der Kirchgemeinde und der Stadt steht nicht mehr zur Verfügung. Der Ort für Veranstaltungen ist nicht mehr da. Ob Taufe, Konfirmation, Trauung, Einsegnung oder Trauerfeier – viele Menschen verbinden sehr emotionale Momente mit diesem Gebäude und haben sehr persönliche Erinnerungen daran.
In den Trümmern der Brandruine haben wir eine Gemeinschaftsaufgabe gefunden: WIR BAUEN ZUSAMMEN WIEDER AUF.
Doch wie können wir das gemeinsam schaffen? Wie funktioniert gemeinsames Vorausschauen? Es geht nur durch konkrete Visionen und eine klare Zielstellung. Das Perspektivteam formulierte dazu die Leitfrage: Wie und warum muss eine Kirche für uns und die Menschen, die nach uns kommen, sein?
Was kann eine Leitfrage? Sie hilft uns nicht im Detail zu verlieren, sondern auf das Wesentliche zu fokussieren: Gott und Gemeinschaft. Nicht Kirche als Gebäude, nicht Mauern, sondern Kirche als Gemeinschaft ist unsere Grundlage. Welche Bedürfnisse hat diese Gemeinschaft – das gilt es herauszufinden. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe.
Der geplante Prozess umfasst mehrere einzelne Schritte:
Die konkrete Planung für das nächste halbe Jahr hat mit diesem ersten Gemeindeabend begonnen. Die ersten Schritte führen uns auf eine Spurensuche durch die Bibel.
„Wir aber bauten die Mauer weiter auf, schon bald war sie zur Hälfte fertig. Für das Volk war der Bau inzwischen zu einer Herzenssache geworden.“ Anhand dieses Bibelverses aus dem Buch Nehemia 3, Vers 38 wurde folgenden Fragen nachgegangen: Was sagt Gott? Was ist nützlich, wenn eine Kirche gebaut werden soll? Ein Moment der inneren Erdung war entstanden.
Die weiteren Schritte sind unter anderem der gemeinsame Austausch in der Kirchgemeinde und mit der Stadtbevölkerung. Was denken und wünschen sich die Menschen im Rödertal? Das Ziel des gemeinsamen Weges soll im Sommer 2024 erreicht werden: Der Kirchenvorstand formuliert ein Anforderungsprofil für Architekten mit den wesentlichen Gedanken und Themen, die uns allen wichtig sind.
Was nach dem Brand noch erhalten geblieben ist, steht unter Denkmalschutz. Damit kann man auf das aufbauen, was von der alten Kirche noch vorhanden ist und daran anknüpfend eine neue Geschichte schreiben mit dem Gedanken der Gemeinschaft und ihrer Bedürfnisse im Vordergrund.
Im anschließenden gemeinsamen Austausch wurde deutlich, wie viele Fragen noch zu klären sind und wie offen der gesamte Prozess ist. Viele Anwesende berichteten, dass sie mit durchaus anderen, praktischeren Erwartungen gekommen waren, z.B. zu konkreten Plänen oder der Klärung von Versicherungsfragen. Die Überraschung, wie offen alles noch ist, wurde deutlich und auch breit diskutiert.
Die veränderten Bedingungen und Anforderungen, unter denen sich Kirche heute befindet im Vergleich zum Bau der Stadtkirche vor 300 Jahren, werden gleichzeitig als große Chance mit weitreichenden Möglichkeiten gesehen. Kirche darf und muss heute offener sein und breitere Angebote machen. Bedürfnisse von Kindern sollen viel deutlicher in den Blick genommen werden. Auch kann die Verbundenheit zur Natur sichtbarer werden. Ein Raum soll geschaffen werden mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten. Der Ideensturm hat begonnen.
Zweiter Gemeindeabend: Wohin entwickelt sich Kirche?
Der nächste Schritt folgte am 3. Februar 2024 mit dem zweiten Gemeindeabend, der wieder im Kirchgemeindehaus Großröhrsdorf stattfand und unter dem Thema „Wohin entwickelt sich Kirche?“ stand. In der Andacht von Pfarrer Schwarzenberg ging es um den Propheten Jesaja und sein Vertrauen auf Gott. Wir müssen nicht alle Probleme alleine tragen, sondern können an Gottes Kraft und Hilfe glauben.
Als Gast war Pfarrer Dr. Benjamin Stahl aus Großharthau eingeladen. Er verdeutlichte in seinem Vortrag, dass Kirche – ebenso wie alle anderen Bereiche unseres Lebens – einem stetigen Wandel unterliegt. Obwohl in Deutschland beispielsweise nach über 140 Jahren alle Telefonzellen abgeschafft wurden, wird weiterhin telefoniert und es werden neue Wege der Kommunikation genutzt. Genauso muss auch Kirche sich mit ihren Angeboten immer wieder neu entdecken und erfinden, um die Menschen zu erreichen und ihre Botschaft zu verkünden. Die Aufgabe bleibt dabei gleich, nur die Mittel und Wege ändern sich.
Er beschreibt die Architektur des „klassischen“ Kirchenaufbaus mit dem eher frontalen Verhältnis zwischen Altar und Kanzel zum Kirchenschiff und den Emporen. Es ähnelt einem Theater und ist ausgelegt auf eine große Menge an Besuchern und einem Redner vorn, dem alle folgen. In unserer Zeit ist allerdings der Wunsch nach „Gottesdiensten in neuer Form“ groß und der Platzbedarf hat sich reduziert. Pfarrer Dr. Stahl verweist dabei auch auf die abzusehende Entwicklung des Kirchgemeindebundes Massenei mit einer kleiner werdenden Mitglieder- und Mitarbeiterzahl sowie begrenzten finanziellen Möglichkeiten.
Umso wichtiger ist es, sich auf den Kern von Kirche zu besinnen: JESUS CHRISTUS.
Gelebter Glaube bedeutet immer eine lebendige Gemeinschaft. Und diese Gemeinschaft benötigt für ihn einen Ort mit vier Dimensionen:
- der Gemeinschaft (z.B. im Abendmahl)
- des Lernens (z.B. Traditionen)
- der Stille (z.B. Seelsorge)
- des Anbetens (z.B. Lob Gottes)
Mit den beiden Gemeindeabenden wurden erste Impulse gesetzt und Ideen gesammelt, wie dieser zukünftige Ort des Glaubens und der Gemeinschaft aussehen kann. In den kommenden Monaten wird dieser Prozess fortgesetzt.
(Sandy Schneider und Josua Littig)
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